Am 24.08.2022 wurde der Artikel Tupler-Technik bei Rektusdiastase nicht erforscht | Medizin Transparent (medizin-transparent.at) veröffentlicht. Dieser trifft massive Falschaussagen zu Rektusdiastase im Allgemeinen und der Tupler Technik® im Speziellen, insbesondere dass die Tupler Technik® nicht erforscht wäre. Ich kann diese Falschaussagen nicht unkommentiert lassen und habe Sie im nachfolgenden Brief widerlegt. Schriftliche Aufforderungen den Artikel entsprechend zu berichtigen wurden von dem Medizin-Transparent-Team und dem Verantwortlichen, Herrn MMag. Bernd Kerschner, wiederholt ignoriert.
Im Sinne der massiven Informationspolitik, die ich seit Jahren betreibe, bitte ich Dich eindringlichst jede Information zu Rektusdiastase und der Tupler Technik® stets zu hinterfragen. Verben wie geprüft, kritisch und unabhängig, eine Promotion und eine Zusammenarbeit mit einer Hochschule garantieren (leider) keine wissenschaftliche Arbeit oder seriöse Fakten. Rektusdiastase wird von der medizinischen Fachwelt zumeist ignoriert und hauptsächlich als kosmetisches Problem abgetan. In den extremsten Fällen befürworten Mediziner sogar Operationen als einzige Behandlungsmöglichkeit oder erklären ihren Patienten, dass sie damit schlicht leben müssen.
Ihr Artikel: Tupler-Technik bei Rektusdiastase nicht erforscht
Sehr geehrter Herr MMag. Kerschner,
Sehr geehrtes medizin-transparent-Team,
irritiert musst ich feststellen, dass der von Ihnen veröffentlichen Artikel mit der Überschrift „Tupler-Technik bei Rektusdiastase nicht erforscht“ mehrere Aussagen trifft, die so nicht richtig und irreführend sind. Ich als ehemals selbst von einer Rektusdiastase Betroffene und als Rektusdiastase Therapeutin kann diese Aussagen nur schwer im Raum stehen lassen. Auch gehe ich davon aus, dass Sie als Betreiber einer Webseite, die sich selbst als geprüft, kritisch und unabhängig bezeichnet, daran interessiert sind, Ihre Leser vollumfänglich und richtig zu informieren. Wenn Sie erlauben, führe ich meine Kritik folgend im Detail aus und versuche Ihnen dabei stilistisch treu zu bleiben.
Was ist eine Rektusdiastase?
Eine Rektusdiastase bezeichnet die Trennung (altgr. διἀστασις diástasis „Zwischenraum“, „Trennung“ Link: https://universal_lexikon.de-academic.com/72159/Diastase) der geraden Bauchmuskeln (lat. Mm. Recti abdominis. Das zwischen den beiden Muskelbäuchen verlaufende Bindegewebe (lat. Linea alba) wird gedehnt und dadurch dünner und schwächer. Derzeit gilt ein Auseinanderweichen der Rectibäuche von mehr als 2 cm aus medizinischer Sicht als pathologischer Befund. Im Idealfall sind die Muskelbäuche etwa 0,6 cm voneinander entfernt und durch die Linea alba in ihrer natürlichen schnurartigen Form miteinander verbunden.
Rektusdiastasen kommen vor allem bei Neugeborenen und schwangeren Frauen vor, können jedoch unabhängig von Alter und Gewicht sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten. Die Trennung der Bauchmuskeln beeinflusst Gesundheit, Haltung, Aussehen und Selbstwahrnehmung der Betroffenen.
Ein hervorgewölbter Bauch kann ein Symptom einer Rektusdiastase sein, muss es aber nicht, d. h. auch schlanke Personen mit flachem Bauch können davon betroffen sein. Eine Rektusdiastase ist – auch wenn das die Schulmedizin häufig anders sieht - kein rein kosmetisches Problem.
Tupler-Technik: wissenschaftlich belegte Hilfe?
Ziel einer jeden Rektusdiastase Therapie (wie z. B. Tupler Technik®, Heller-Griff oder diverser anderer Methoden) ist es, das überdehnte Bindegewebe zwischen den getrennten Bauchmuskeln zu festigen, so dass es stark genug ist, die Muskeln zusammenzubringen und dann auch nah beieinander zu halten.
Dies geschieht bei einer konservativen Therapieform durch folgende Faktoren:
Die Dauer der Schließung einer Rektusdiastase hängt immer vom Schweregrad der Diastase und dem Engagement des Betroffenen ab. Es gibt keine bestimmte Methode, die in wenigen Wochen ein nachhaltiges Ergebnis erzielen kann, es sind bestenfalls positive Zwischenergebnisse. Meiner Erfahrung nach arbeiten Betroffene mit schwachem Bindegewebe, welches bei den allermeisten Menschen mit Rektusdiastase vorzufinden ist, meist 6 bis 12 Monaten an der Schließung ihrer Rektusdiastase, in Einzelfällen auch 12 – 24 Monate und in seltenen Fällen auch länger.
Übrigens wird auch bei einer operativen Behebung der Rektusdiastase das Bindegewebe mit verschiedenen Methoden gestraft, vernäht und/oder mit Netzen gestützt, nicht die geraden Bauchmuskeln. Denn es gibt keinen Schaden am geraden Bauchmuskel, der mittels OP behoben werden muss. Außerdem ist eine operative Behebung einer Rektusdiastase noch viel kostspieliger als eine konservative Therapieform.
Keine Studie zur Tupler Technik
Wie Sie richtig recherchiert haben, gibt es aktuell eine laufende Studie zur Tupler Technik®. Auf deren Ergebnisse ich sehr gespannt bin, da diese mir hoffentlich zukünftige unangenehme Korrespondenz ersparen werden. Der Output an mir selbst sowie an meinen Patienten hat mich und kollaborierende Ärzte bereits mehr als überzeugt. Lesen Sie selbst: https://www.anika-unterburger.de/tupler-technik/erfahrungen/. Oder schauen Sie sich die Resultate an: https://www.anika-unterburger.de/tupler-technik/vorher-nachher-fotos/. Wie ich zu sagen pflege, Fotos und Maßband lügen nicht. Und meine persönliche Geschichte mit der Tupler Technik® können Sie hier nachlesen: https://www.anika-unterburger.de/%C3%BCber-mich/.
Dass Sie jedoch trotz intensiver Suche die immer wieder erwähnte Studie zur Wirksamkeit der Tupler Technik® nicht finden konnte, verwundert mich. Folgen Sie für die Studie dem Link auf die offizielle Tupler Technik®-Homepage: https://diastasisrehab.com/pages/research-on-diastasis-recti-with-tupler-technique. Oder greifen Sie hier direkt auf die Studie zu: https://cdn.shopify.com/s/files/1/2157/8921/files/Columbia_Study_in_one_document.pdf?553. Bitte beachten Sie die Widmung auf der Seite 2 der Studie und Kapitel 3 (Seite 23) zu den angewandten Methoden.
Mit wenig Aufwand kann man herausfinden, dass der ursprüngliche Firmenname von Julie Tupler „Maternal Fitness“ heißt. Innerhalb dieser Unternehmung hat Julie Tupler die Tupler Technique® (um bei der absolut korrekten Schreibweise zu bleiben) entwickelt, die im europäischen Raum auch Tupler Technik® geschrieben wird. Julie oder viel mehr andere haben ihrer Methode schlicht einen griffigen Namen gegeben.
Simples Bauchmuskeltraining für viel Geld?
An dieser Stelle möchte ich auf eine am 17. Januar 2017 vom Physical Therapy & Rehabilitation Journal veröffentlichte klinische Studie verweisen, die ergeben hat, dass selbst ein wöchentlich angeleitetes postpartales Trainingsprogramm mit Krafttraining für Beckenboden- und Bauchmuskulatur und zusätzlichem täglichen Beckenbodentraining zu Hause zu keiner Verbesserung der Rektusdiastase führt. Die Studie ist unter diesem Link nachzulesen: https://academic.oup.com/ptj/article/98/4/260/4813620?login=false.
Allgemeiner Konsens in Geburtsvorbereitung und Rückbildung sowie Rektusdiastase Therapien ist es mittlerweile, dass zum Schutz einer (möglichen) Rektusdiastase keine Übungen für die gerade Bauchmuskulatur gemacht werden sollen, d. h. insbesondere keine Sit ups/gedrehte Crunches oder Planks!
Hier nochmal eine Erläuterung dazu:
Zeigt der Bauch bei sportlichen Aktivitäten parallel zum Boden (wie z. B. beim Plank), drücken die Organe durch die Schwerkraft auf das geschwächte Gewebe zwischen den geraden Bauchmuskeln und dehnen damit das Gewebe. Denn wo eine Lücke innerhalb der Bauchmuskulatur ist, kann auch keine Muskulatur aktiviert werden, um das Gewebe zu schützen.
Klassisches Bauchmuskeltraining ist sogar einer der größten (Mit-)Verursacher von Rektusdiastasen! Werden in der Rückenlage die Schulter vom Boden gehoben (wie z. B. bei Sit Ups) geht der Bauch hinaus und es entsteht eine vorwärts gerichtete Dehnung auf das Bindegewebe. Folgt dann noch die kreuzende Drehbewegung des Oberkörpers (wie bei rotierten Crunches) wird das geschwächte Gewebe durch die Scherbewegung der schrägen Bauchmuskeln zusätzlich seitwärts gedehnt.
Beide Übungen sind demnach als absolut ungeeignet in der Schwangerschaft und können in keinster Weise das bereits belastete Bindegewebe schützen oder eine vorhandene Rektusdiastase verringern. Ganz im Gegenteil! Durch die immer wiederkehrende vorwärts und/oder seitwärts gerichtete Dehnung des Bindegewebes wird das ohnehin geschwächte Bindegewebe noch mehr überlastet und damit die Rektusdiastase ggf. sogar immer größer. Ähnlich dem Effekt eines Gummibandes das immer mehr ausleiert.
Wenn der Waschbrettbauch bei der Geburt hilft
Vollständigkeitshalber möchte ich anmerken, dass trainiert und richtig platzierte gerade Bauchmuskeln, bei den von Ihnen angeführten Aktivtäten wichtig sind. Eine viel größere Bedeutung für den intra-abdominalen Kraftaufbau kommt jedoch dem M. transversus abdominis zu. Ist dieser stark und kräftig, schützt er das zwischen den geraden Bauchmuskeln verlaufende Bindegewebe vor intra-abdominaler Krafteinwirkung und trägt damit wesentlich dazu bei die gerade Bauchmuskulatur an ihrem vorgesehnen Platz zu halten.
Training ist die beste Therapie
Es ist aufgrund des Vorgenannten geradezu fahrlässig und gesundheitsschädilich Schwangeren und von Rektusdiastase betroffenen Personen ein Training der geraden Bauchmuskeln durch Situ ps oder Planks nahezulegen. Abnehmen allein führt auch nicht dazu, dass sich die verschobene gerade Bauchmuskulatur wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückbewegt, da das Bindegewebe nach wie vor überdehnt ist. Auch kann kein Schaden an den geraden Bauchmuskeln behoben werden, da diese nicht beschädigt sind. Sie sind lediglich durch ausgedünntes Bindegewebe deplatziert. Das Bindegewebe wiederum kann natürlich geschädigt werden z. B. durch Rektusdiastase-unfreundlichen Sport (wie z. B. Situ ps und Planks). Das Ergebnis davon wären dann Bauchdeckenbrüche/Bauchwandbrüche (lat. Hernien) wie z. B. Nabelbrüche.
Abschließende Worte
Leider vermisse ich in Ihrem Artikel auch eine Differenzierung zwischen Schwangeren, Frauen, die sich noch in der Rückbildungsphase (bis zu 1 Jahr postpartum) befinden und von Männern und Frauen, bei denen kein zeitlich relevanter Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vorliegt. Es kann zwar bei allen Personengruppen die Tupler Technik® oder eine andere konservative Rektusdiastase Therapie angewandt werden, jedoch macht es Sinn bei Schwangeren und Frauen in der Rückbildungsphase zunächst den Körper nur mit gezielten Rektusdiastase-freundlichem Training (keine Situ ps oder Planks!) zu unterstützen. Während bei letzterer Personengruppe eine Replatzierung der geraden Bauchmuskeln ohne gezielte Unterstützung nicht (mehr) stattfinden wird. Was allerdings nicht heißt, dass ein angepasstes Training nicht zur Linderung der Symptome führen kann, jedoch sicher nicht zur Schließung der Rektusdiastase.
Die Tupler Technik® ist, wie jede operativ oder nicht-chirurgisch Methode, nur eine Möglichkeit zur Schließung einer Rektusdiastase. Sie ist nicht die Antwort auf alle Fragen und für jeden geeignet. Jedoch kann ich so massive Falschaussagen zu Rektusdiastase im Allgemeinen und der Tupler Technik® im Speziellen nicht unkommentiert lassen und bitte Sie diese umgehend zu berichtigen. Im Sinne Ihrer Leser:innen und der massiven Informationspolitik, die ich seit Jahren betreibe, bitte ich eindringlichst darum.
Für einen weiteren Austausch stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Anika Unterburger
Tupler Technique® Trained Professional
Beckenboden- und Kangatraining